Eine Einladung
Vor unserem Haus steht eine Bank. Nahe am Gehweg, blau gestrichen, blättrig von Sonne, Regen und Wind. Hier sitze ich manchen Nachmittag und schaue. Wenige Menschen kommen vorbei, die Straße ist nicht sehr belebt. Hin und wieder bleibt jemand stehen, fragt, ob er sich dazusetzen kann. Ja, ich rücke zur Seite, mache Platz.
So auch heute. Die Frau kommt auf mich zu, geht langsam und schwer. Sie trägt eine Einkaufstasche und hält etwas in der anderen Hand. Fragt, ob sie sich setzen kann. Gerne.
Sie lässt sich langsam nieder und stellt die Tasche zwischen uns. Eine Tüte mit Hundefutter sehe ich, auch eine Hundeleine mit Halsband in ihrer Hand.
Aha, sie wartet auf ihren Hund. Doch der kommt nicht. Ich frage nach und schaue in ein entsetztes Gesicht. Ihre Hand umspannt die Leine, Tränen fließen.
Rosi ist in der letzten Woche gestorben, ihr Liebling, einfach umgefallen und tot, erzählt sie schluchzend. 17 Jahre waren sie füreinander da, beim Hundeschwimmen, bei Fahrrad-touren vorn im Körbchen, nachts am Fußende ihres Bettes. Sie haben so viel Freude miteinander gehabt.
Auch ich werde traurig, wir suchen gemeinsam nach Taschentüchern und finden keine.
Sie hat Fotos von Rosi dabei, eine niedliche Hündin, sie freut sich, dass sie mir gefällt.
Ihre Hand liegt neben meiner. So sitzen wir und schauen. Nach einiger Zeit verabschiedet sie sich, geht den Weg entlang. Die Hundeleine bleibt liegen, vielleicht kommt sie ja wieder.
Text von Anne Röhl, Autorin bei 24/7, der Zeitschrift der TelefonSeelsorge Deutschland
Foto von Astrid Götze-Happe / pixelio.de