Advent anders herum
Advent heißt Ankunft, sagt man. Eigentlich bedeutet Advent Ankommen, also einen Prozess. Sonst ergibt es keinen Sinn, dass der Advent einen wochenlangen Zeitraum umfasst. Vielleicht beginnt das Ankommen schon damit, sich aufzumachen, loszugehen oder loszufahren.
Gedehnte Zeit
Wenn ich in den Urlaub fahre, dann komme ich irgendwann am Ziel an, packe meine Koffer aus und freue mich, dass ich die Reise gut und sicher abgeschlossen habe. Das Ankommen wird dann zu einer Sache weniger Minuten. Ich kann mein Ankommen am Urlaubsort aber auch als gedehnte Zeit begreifen. Dann wird der Weg dahin ein Immer-näher-an-das Ziel-herankommen: Ankommen als Prozess. Und dann erfüllt mich jeder zurückgelegte Kilometer mit Vorfreude auf das Erreichen meines Urlaubsziels.
Wer kommt an im Advent?
So verstanden ist auch der Advent gedehnte Zeit, in der ich mich auf das Ankommen freuen kann. Aber um wessen Ankunft geht es im Advent? Die naheliegende Antwort: Wir freuen uns auf Weihnachten, an dem wir die Ankunft des Christkindes feiern. Ich meine aber, dass es neben dieser Ankunft in der Krippe von Bethlehem noch ein anderes Ankommen gibt: meines. Ich selbst kann mich auf den Weg machen nach Bethlehem. Ich kann mich freuen über die Zusage, dass Gott mich nicht allein lässt in meinem Leben und dadurch jeden Tag erkunden, wo ich ihn finde. Und so täglich ein kleines Stückchen mehr bei Gott ankommen.
Begegnungen
Wie soll das geschehen? Ich kann morgens in den Spiegel schauen und mich mögen, mit all meinen Falten, meinen Sorgen, meinen Ängsten und Zweifeln. Ich kann mich mögen, weil ich darauf vertrauen kann, dass Gott mich liebt. Ich kann bei Gott ankommen, wenn ich den Menschen, die ich heute treffe, achtsam begegne, voller Respekt, vielleicht sogar liebevoll. Wenn ich ein freundliches Wort, ein offenes Herz für sie habe. Dann ist nicht nur Advent, sondern schon ein bisschen Weihnachten.
Gutes Ankommen Ihnen Allen!
Text von Friedrich Dechant, Redaktionsmitglied der Zeitschrift der TelefonSeelsorge Deutschland
Foto von Emily Toycen auf Unsplash